Pressestimmen

Johannes-Passion in der Stadthalle Meinerzhagen

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und

Meinerzhagener Zeitung vom 28.03.2022

Meinerzhagen – Es folgte ein Moment der Stille, nachdem die letzten Töne der Johannespassion verklungen waren. Dann brandete Applaus auf. Ein Beifallssturm, der minutenlang anhielt, stehend gespendet von einem begeisterten Publikum.

Für ein ehrgeiziges Projekt, das trotz vieler Hindernisse nach zwei Jahren beharrlicher Bemühungen am Wochenende in der Stadthalle endlich erfolgreich zum Abschluss gebracht werden konnte. Für die unermüdlichen Sängerinnen und Sänger des Chores Catamus, die dieses Ziel während der Coronazeit nicht aus den Augen verloren hatten. Für die fünf stimmgewaltigen Solisten, die dafür gewonnen werden konnten, sowie für das Neue Rheinische Kammerorchester, das den Gesang aufs Schönste begleitete, und nicht zuletzt für Kirchenmusiker und Dirigent Ben Köster, der diesen voluminösen Klangkörper auch bei den von Johann Sebastian Bach dramaturgisch gewollten Dissonanzen harmonisch vereinte.

Als gehaltvolles Werk bezeichnete Köster zu Beginn des Konzertes die Johannespassion, mit der die Leidensgeschichte Jesu erzählt wird. Sie erklang zum ersten Mal 1724 in der Dresdener Nikolai-Kirche, ist aber auch heute noch aktuell. „Passionen gibt es immer noch überall auf der Welt“, so Köster und nannte als Beispiel den Krieg in der Ukraine.

Immer noch werden Menschen unnötig verfolgt, gedemütigt, gequält und getötet. Bachs Passionsvertonung sei ein Spiegel unserer Ungerechtigkeit, erläuterte der Dirigent. Vermittele trotz Angst, Trauer und Leid aber auch Zuversicht. So wird im Choral „Durch Dein Gefängnis, Gottes Sohn, muss uns die Freiheit kommen“ die Kernaussage der christlichen Botschaft formuliert. Gleichzeitig richte Bach mit der Johannespassion aber auch einen Appell an die Menschen, so Köster. Auf dem Ehrenmal an der Heerstraße ist er in Stein gemeißelt: „Gedenket der Toten, bewahret den Frieden“.

Der Tenor Robert Reichinek übernahm bei den beiden Aufführungen am Samstag und Sonntag die Rolle des Evangelisten, der in Rezitativen die Leidensgeschichte erzählt. Die lyrischen Arien, mit denen das Geschehen betrachtet wird, übernahmen die Altistin Bettina Schaeffer und die Sopranistin Agnes Lipka. Der Bassist Oliver Pürckhauser gab Pilatus eine Stimme. Thomas Bonni, ebenfalls Bassist und kurzfristig für Christian Palm eingesprungen, schlüpfte in die Rolle Jesu. Und der Chor Cantamus – wie wohl alle Akteure froh, wieder auf einer Bühne zu stehen und die Freude an Musik und Gesang mit einem Publikum teilen zu können – präsentierte sich bei seinen dramatischen Chorpartien wieder auf bekanntem Niveau.

VON LUITGARD MÜLLER